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Wat(t)vögel am Jadebusen

Ein Beitrag von OK

Klassische Urlaubspläne und Vogelbeobachtung passen nicht immer zusammen, vor allem, wenn man für eine Familie mit Kindern plant. In den Schul-Sommerferien ist das Brutgeschäft  weitgehend vorbei. Viele Vögel sind dann heimlich, Landschaften wirken vogelleer. In den Herbstferien, einer besonders guten „Vogelzeit“, wird die Familie zwar auch gerne verreisen, aber nicht unbedingt nach Helgoland oder in die nordfriesischen Köge. Die Hamburger Winter- oder Märzferien liegen dagegen noch deutlich vor der Brutzeit und sogar noch vor der Ankunftszeit vieler Arten. Die ideale Zeit, um besonders viel zu sehen, also der Mai oder Juni, weist zwar viele Brückentage und die Hamburger Pfingstferien auf. Aber die Kinder können mit Sicherheit noch nicht baden, während das vogelbeobachtende Elternteil mit Spektiv, Fernglas, Kamera und Svensson unterwegs ist.

Ein nahes Urlaubsziel, das einen typischen Familien-Sommerurlaub und Vogelbeobachtung zumindest ansatzweise zusammenbringt, ist der Jadebusen, also die Landschaft entlang der Meeresbucht zwischen Wilhelmshaven und Eckwarderhörne (Niedersachsen). Friesland und die anliegenden Landkreise Wesermarsch und Wittmund sind ganzjährig vogelreich, haben aber durchaus auch (kleinere) Badeorte. Wer Ende Juli oder Anfang August dorthin fährt, kann Strand- und Badebetrieb noch in der Hochsaison bei größter Sommerhitze erleben, zugleich aber schon frühen Limikolenzug und die immer noch anwesenden, reichhaltig vertretenen und attraktiven Brut- und Sommervögel „mitnehmen“. 

Ein guter, besonders fahrrad- und familienfreundlicher Ausgangspunkt ist z.B. Dangast am Jadebusen, das südlichste deutsche Nordseebad. Das Watt am Dangaster Tief und die überregional bekannte Dangaster Binnendeichspütte bieten - zeitgleich zur touristischen Hochsaison - schon Sommerlimikolen, u.a. mit Dunklem Wasserläufer, Bruchwasserläufer, Flussuferläufer, Kampfläufer und Regenbrachvogel. Teilweise sind im Hochsommer noch Prachtkleider zu sehen. Dazu kommen überall Austernfischer, zum Teil mit Jungvögeln, natürlich Kiebitze und auch schon Säbelschnäbler (wenngleich die Mehrzahl erst später kommt). Die Pütte ist dann ganztägig gut für Löffler, die nach der Brut wohl von Mellum oder auch aus den Niederlanden herüber kommen, im August aber deutlich zahlreicher sind als im Juli. An der Pütte brüten u.a. Nilgänse. Grau- und Silberreiher sind in der Umgegend überall präsent. Wer mit dem Fahrrad auf oder hinter dem Deich von Dangast aus Richtung Wilhelmshaven fährt, passiert die norddeutsche Küstenlandschaft schlechthin. Bei Cäciliengroden gibt es einen Salzwiesen-Lehrpfad, von dem aus man auch im späten Hochsommer u.a. noch Wiesenpieper und im Suchflug patrouillierende Rohrweihen schön und sicher beobachten kann. 

Wiesenpieper bei Cäciliengroden.     Foto: OK
Wiesenpieper bei Cäciliengroden. Foto: OK

Im nahen Wilhelmshaven gibt es die wohl am besten erforschten deutschen Flussseeschwalben, in der Kolonie am Banter See, einem ehemaligen Hafenbecken. Die Kolonie ist sehr eindrucksvoll. Sie wird seit langem vom Institut für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland“ betreut und überwacht, liegt heute aber leider in einem wenig idyllischen Umfeld am überlaufenen nördlichen Seeufer.

Flussseeschwalbe am Banter See.     Foto: OK
Flussseeschwalbe am Banter See. Foto: OK

Wendet man sich mit Fahrrad oder Auto von Dangast aus nach Süden, passiert man u.a. Varel-Schleuse (unvergleichlich gute Matjes essen bei „Fisch Wilters“!) und das Vareler Watt, wo sich gleichermaßen die küstentypische Vogelwelt mit vielen Möwen, Seeschwalben und Limikolen findet. Das in der Birding-Literatur beschriebene Schwimmende Moor in Sehestedt (Jade) ist geologisch sicher interessant, wies im heißen Hochsommer 2018 freilich zeitweise gar keine Wasserflächen mehr auf, und war dann für Vögel und ihre Beobachter leider unattraktiv.

Vögel wird man also sehen, sofern man die Familie zum Sommerurlaub z.B. in Dangast überreden kann. Wilhemshaven als nahes Oberzentrum hat durchaus (maritimen, etwas grimmigen) Charme; das Deutsche Marinemuseum mit dem Zerstörer „Mölders“ lässt sich in eine Exkursion einbauen. Der Wermutstropfen: Das Wasser ist am Jadebusen häufig „weg“; Watt und Schlick dominieren; die Badezeiten sind insgesamt eher kurz. Für einen entspannte Kombination aus familiärem Strandurlaub und ergiebigem Vogelurlaub reicht es hingegen allemal.

Austernfischer (mit ortstypischen Schlickspuren) im Vareler Watt.     Foto: OK
Austernfischer (mit ortstypischen Schlickspuren) im Vareler Watt. Foto: OK

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