Das vorherrschende Kleinklima auf unserer Entwicklungsfläche ist trocken und warm (xerotherm). Dadurch ist die Fläche Lebensraum zahlreicher, zum Teil in Hamburg vom Aussterben bedrohter Arten. Insbesondere auf trocken-warme Bedingungen spezialisierte Pflanzen und Insekten haben sich hier angesiedelt.
Das Kleine Wiesenvögelchen (𝐶𝑜𝑒𝑛𝑜𝑛𝑦𝑚𝑝ℎ𝑎 𝑝𝑎𝑚𝑝ℎ𝑖𝑙𝑢𝑠) ist ein guter Indikator für eine artenreiche Wiese. Im Atlas der Tagfalter, Dickkopffalter und Widderchen Hamburgs steht es auf der Vorwarnliste.
Die Zauneidechse (𝐿𝑎𝑐𝑒𝑟𝑡𝑎 𝑎𝑔𝑖𝑙𝑖𝑠) ist durch den Lebensraumverlust stark rückläufig und profitiert bei uns auf der Deponie Georgswerder von ungestörten, offenen Flächen.
Die Beerenwanze (𝐷𝑜𝑙𝑦𝑐𝑜𝑟𝑖𝑠 𝑏𝑎𝑐𝑐𝑎𝑟𝑢𝑚) ist leicht an ihrem rotbraunen Körper und den schwarz-weiß geringelten Fühlern zu erkennen.
Die Große Königslibelle (𝐴𝑛𝑎𝑥 𝑖𝑚𝑝𝑒𝑟𝑎𝑡𝑜𝑟) ist eine der größten Libellenarten und zusammen mit der Braunen Mosaikjungfer (𝐴𝑒𝑠ℎ𝑛𝑎 𝑔𝑟𝑎𝑛𝑑𝑖𝑠) die häufigste Edellibelle in Hamburg.
Der Jakobskrautbär (𝑇𝑦𝑟𝑖𝑎 𝑗𝑎𝑐𝑜𝑏𝑎𝑒𝑎𝑒) ist durch seine auffällige Färbung leicht zu erkennen und dort anzutreffen wo er seine Futterpflanze, das Jakobs-Greiskraut (𝐽𝑎𝑐𝑜𝑏𝑎𝑒𝑎 𝑣𝑢𝑙𝑔𝑎𝑟𝑖𝑠), findet.
Die Scheck-Tageule (𝐸𝑢𝑐𝑙𝑖𝑑𝑖𝑎 𝑚𝑖) ist, anders als die meisten Eulenfalter, tagaktiv. Bei Gefahr rollen sich die Raupen zusammen und lassen sich auf den Boden fallen.
Der Kleine Kohlweißling (𝑃𝑖𝑒𝑟𝑖𝑠 𝑟𝑎𝑝𝑎𝑒) ist einer der häufigsten Falter in Hamburg und als Kulturfolger sogar im Innenstadtbereich anzutreffen.
03. September 2024
Ein Einblick in den Projektalltag von Torsten Demuth (Projektleiter „Biotoppflege und -entwicklung Deponie Georgswerder“):
Vormittags, 11:20 Uhr, das Telefon klingelt, als ich gerade durch den Elbtunnel rolle…
Am anderen Ende der Leitung spricht Bent Schubert, seines Zeichens Wespen-,Hummel- und Hornissennestumsetzer im Raum Hamburg.
Wie fast immer, wenn er anruft, hat er ein Hornissennest, welches umgesiedelt werden muss. Dieses Mal aus einem Dachboden in Niendorf. Hierfür ist er auf der Suche nach einem geeigneten Ort zur Aussetzung. Unsere Projektfläche auf der Deponie hat sich hierfür in den vergangenen Jahren bestens bewährt. Die Hornissen (𝑉𝑒𝑠𝑝𝑎 𝑐𝑟𝑎𝑏𝑜) finden hier alles, was sie brauchen, bis sie in wenigen Wochen bis auf die befruchteten Jungköniginnen sterben.
Um 14 Uhr ist es dann so weit, das Nest wird am Rande der Fläche in eine ausgediente Munitionskiste mit einer kleinen Öffnung in der Front eingesetzt.
Auch dank des versprühten Wassernebels beruhigen sich die Tiere schnell, nachdem die Kiste verschlossen ist und sie wieder frei Aus- und Einfliegen können.
Überraschend wurden die Jagdzeiten u.a. auf Graugänse (𝐴𝑛𝑠𝑒𝑟 𝑎𝑛𝑠𝑒𝑟) ausgeweitet. Ab 2025 sollen diese bereits ab dem 16. Juli bejagt werden dürfen, statt wie bisher ab dem 1. August.
Spät brütende Graugänse führen zu diesem Zeitpunkt noch ihren nicht flüggen Nachwuchs bzw. sind noch in der Mauser, also flugunfähig.
Auch viele Wasser- und Wiesenvögel befinden sich auch nach dem 16. Juli noch mitten in der Brut- und Mauserzeit. Eine Jagd führt in solchen Gebieten oft zu erheblichen Störungen aller Tiere und viele Vogelarten werden dadurch deutlich scheuer. Sie reagieren beispielsweise noch sensibler auf Leute, welche einfach nur auf Feldwegen spazieren gehen, an Gewässern angeln oder dort Boot fahren. Dies kann zu erheblichen Lebensraumverlusten führen.
Hintergrund:
Menschen zerstörten fast vollständig die natürlichen Lebensräume der Graugänse (v. a. Moore, Feuchtgebiete und Flussauen), um Torf abzubauen und um Landwirtschaft zu betreiben. Daher haben die Gänse heutzutage kaum alternative Flächen zur Nahrungssuche.
Auch sind Graugänse hochsoziale Vögel und leben monogam, also ihr gesamtes Leben als Paar. Die Jungvögel bleiben das erste Lebensjahr bei ihren Eltern, lernen von diesen und ziehen als Familienverband umher. Wenn Gänse ihre Partner oder Jungvögel plötzlich ihre Eltern verlieren, sinken die Überlebenschancen und das Sozialgefüge wird erheblich gestört.
Die von uns wiederhergestellten Sandflächen auf der Deponie Georgswerder mit wechselnder Vegetationsdeckung sind für viele Arten attraktiv. So hatten wir 2023 insgesamt drei Einzelnachweise der Italienischen Schönschrecke (𝐶𝑎𝑙𝑙𝑖𝑝𝑡𝑎𝑚𝑢𝑠 𝑖𝑡𝑎𝑙𝑖𝑐𝑢𝑠).
Die Suche nach Nymphen im Frühsommer dieses Jahres blieb zunächst erfolglos. Erst am 29. Juni konnten wir Nymphen und erste geschlechtsreife Exemplare finden. Die Art wurde erstmals 2021 in Hamburg nachgewiesen, vermutlich wurde sie durch Transporte hierher verschleppt. Die nächsten größeren Vorkommen finden sich etwa 150 km östlich Hamburgs.
In den letzten Jahren konnte sich die Art insbesondere in Ost- und Süddeutschland weiter ausbreiten, insgesamt gilt sie aber als selten. Außerhalb ihrer Hauptvorkommen kommt sie eher verstreut an besonders wärmebegünstigten Standorten mit sandigen Böden vor. Anders als ihr Name vermuten lässt, ist sie auch in Deutschland heimisch.
Wir freuen uns, das neue Projekt „Helix Hamburg“ (Weinbergschnecken Monitoring- und Schutzprojekt) unter der Leitung von Urte Hermann im Neuntöter e. V. begrüßen zu dürfen.
Die Gewöhnliche Weinbergschnecke (𝐻𝑒𝑙𝑖𝑥 𝑝𝑜𝑚𝑎𝑡𝑖𝑎) ist die größte heimische Gehäuseschnecke. Derzeit wird sie auf der Roten Liste und Gesamtartenliste der Binnenmollusken (Schnecken und Muscheln) Deutschlands (2011) in der Kategorie ungefährdet geführt. Jedoch ist der Bestand abnehmend mit unbekanntem Ausmaß. Durch die zunehmende Zerstörung ihres Lebensraums wird sie immer mehr aus bisher besiedelten Bereichen zurückgedrängt. Diese Lebensräume gilt es zu erhalten und Maßnahmen in die Landschaftspflege mit einfließen zu lassen.
Aber mit welchen Maßnahmen lässt sich ein effektiver Schutz erzielen? Durch Beratung, Vorträge und Öffentlichkeitsarbeit schaffen wir eine Sensibilisierung zwischen Mensch und Tier.
Des Weiteren werden in einem Monitoring Zählungen durchgeführt zu Bestandsentwicklung, Verhalten und Auswirkungen von verschiedenen Pflegemaßnahmen auf die Population. Zusätzlich wird der Einfluss und die Bestandsentwicklung der Gefleckten Weinbergschnecke (𝐶𝑜𝑟𝑛𝑢 𝑎𝑠𝑝𝑒𝑟𝑠𝑢𝑚) untersucht. Diese ist im Zusammenhang mit dem Klimawandel und der Erwärmung immer häufiger in Mitteleuropa anzutreffen.
Weitere Informationen zum Projekt „Helix Hamburg“: https://www.neuntoeter-ev.de/projekte/helix-hamburg/
Im März und April haben wir im Wildpark Schwarze Berge in verschiedenen Gebäuden Nistbretter für Rauchschwalben (𝐻𝑖𝑟𝑢𝑛𝑑𝑜 𝑟𝑢𝑠𝑡𝑖𝑐𝑎) montiert. Teils starke Bestandsrückgänge bedrohen diese eleganten Flugkünstler.
Mitte April kehren die ersten Rauchschwalben aus ihren afrikanischen Überwinterungsgebieten zurück. Unsere rechtzeitig montierten Nistbretter wurden bereits in dieser Brutsaison erfolgreich angenommen.
Verschiedene Faktoren tragen dazu bei, dass die Rauchschwalbe auf der Roten Liste der Brutvögel Niedersachsens als gefährdet Brutvogelart steht. Dazu gehören das Höfesterben, das Verschließen von Ställen, die Versiegelung von Böden (wodurch der Lehm für den Nestbau fehlt), die illegale Zerstörung von Nestern, der Insektenmangel und der Klimawandel, der Gefahren auf dem Zugweg mit sich bringt.
Mit den Nistbrettern können wir den Rauchschwalben bessere Brutbedingungen bieten und so zu ihrem Schutz und Erhalt beitragen.