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Neue nutzlose Nisthilfen

Ein Beitrag von Simon Hinrichs

Was ist los?

Alte Gebäude werden nach und nach abgerissen oder saniert. Neubauten sind meist so sehr versiegelt, dass sie weder Löcher noch Spalten haben, welche Vögeln oder Fledermäusen einen Unterschlupf bieten.

 

Die Zukunft von Gebäudebrütern hängt daher von Nisthilfen ab!

 

Es gibt zwei Gründe, warum Nisthilfen für Gebäudebrüter montiert werden:

• Freiwilliges Engagement für den Artenschutz (einzelne Fälle)

• Auflage wegen gesetzlicher Bestimmungen (die meisten Fälle)

 

Während die einen Hauseigentümer mit ihren Engagement für den Artenschutz werben, scheint es für viele andere eher eine zusätzliche Belastung zu sein. 

Nisthilfen (hier für Mauersegler) lassen sich wunderbar in die Fassade integrieren.
Nisthilfen (hier für Mauersegler) lassen sich wunderbar in die Fassade integrieren.

In den letzten Jahrzehnten wurden viele Häuser saniert; gut für den Klimaschutz, leider oft schlecht für den Artenschutz. „Abgedämmt und dann verdrängt“ – so ergeht es nicht nur vielen Menschen, sondern auch vielen Tieren wie Spatzen, Mauerseglern oder Fledermäusen. Denn trotz gesetzlicher Bestimmungen werden längst nicht alle Nistplätze geschützt und durch entsprechende Nisthilfen erhalten! Oft müssen Privatleute einschreiten, um Kolonien von Fledermäusen, Haussperlingen oder Mauerseglern zu retten; wo kein Kläger, da kein Richter!

 

Was sagt das Gesetz?

Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) § 44

(1) Es ist verboten,

2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,

3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

 ...

 

Eigentlich muss in der Brutsaison vor der Sanierung durch Fachleute geprüft werden, ob die Gebäude von Vögeln oder Fledermäusen bewohnt sind. Wenn solche Vorkommen entdeckt werden, müssen entsprechende Nisthilfen als Ausgleichsmaßnahme zur Erhaltung der jeweiligen Populationen montiert bzw. in die Fassade eingebaut werden.

Sanierungen ohne Ausgleichsmaßnahmen können ganze Kolonien auslöschen und die Bestände der betroffenen Arten nachhaltig dezimieren. Viele, einst häufige, Gebäudebrüter wie Mauersegler oder Haussperling sind in ihren Beständen bereits stark zurückgegangen oder aus einigen Bereichen sogar komplett verschwunden.

Der einst überall häufige Haussperling „Spatz“ ist mittlerweile aus vielen Stadtteilen verschwunden.
Der einst überall häufige Haussperling „Spatz“ ist mittlerweile aus vielen Stadtteilen verschwunden.

Gute Idee, meist schlechte Umsetzungen – Kontrollen fehlen!

In Sachen Gebäudebrüterschutz passiert daher leider viel „Blödsinn“. Ein „Best-of“ gibt es unten in der Galerie.

Bei der Anbringung von Nisthilfen gibt es nämlich einige „Regeln“ zu beachten, damit diese auch von den entsprechenden Arten angenommen werden. Die Praxis zeigt leider, dass viele Nisthilfen an ziemlich ungeeigneten Stellen montiert werden. Ein Ausgleich welcher keiner ist. Dagegen fehlen wiederum Nisthilfen an vielen geeigneten Gebäuden! 

In vielen Städten kann man solche „Mahnmale“ schlechter Umsetzungen entdecken. Aber auch bei freiwilligen Projekten zum Artenschutz fehlt leider offenbar häufig die Expertise und das ist doch sehr schade für die engagierten Personen.

Nisthilfen werden beispielsweise zur falschen Himmelsrichtung montiert, zu niedrig, zu hoch, ohne freien Anflug, hinter Rohren oder direkt auf Augenhöhe über Balkonen oder Terrassen. Das führt dazu, dass viele Nisthilfen nicht von den Zielarten angenommen werden und diese Maßnahmen wirkungslos sind.

 

Die Nisthilfen für Gebäudebrüter müssen endlich sinnvoll eingesetzt werden und die Montage durch Fachleute begleitet werden. Der leichtfertige Umgang mit solchen Ausgleichsmaßnahmen muss endlich aufhören, wenn man den Arten wirklich helfen will!

 

Wenn man beispielsweise einen Meisenkasten an einer ungünstigen Stelle an einem Baum aufhängt, kann man diesen ganz einfach wieder umhängen. Bei einer in die Fassade eingebauten Nisthilfe ist das nicht so einfach! Der Standort der eingebauten Nisthilfen ist für Jahrzehnte festgelegt und sollte daher vorher fachlich genau bestimmt werden. 

Es muss eine Expertin oder ein Experte vor Ort sein und die genauen Standorte der Nisthilfen festlegen. Später muss dann eine Art Abnahme erfolgen und erst dann darf die Ausgleichsmaßnahme als „erledigt“ gelten, so wie es auch bei anderen baulichen Maßnahmen die Regel ist.

Denn sonst machen diese Maßnahmen ja gar keinen Sinn und es wird unnötig Geld ausgegeben, unnötige Mehrarbeit verursacht, ohne dass es dem Artenschutz hilft.

Das ist so als würde man eine barrierefreie Wohnung für Rollstuhlfahrer im 4. Stock ohne Fahrstuhl errichten. Dann gibt es zwar diese tolle barrierefreie Wohnung, aber für die eigentliche Zielgruppe ist diese dann völlig nutzlos.

Puren Aktionismus vermeiden

Purer Aktionismus bringt da rein gar nichts; es geht nicht darum alle Gebäude mit Nisthilfen zuzumauern, sondern gezielt zu schauen, wo es Sinn macht für bestimmte Arten Nisthilfen zu montieren, durch Fachleute den genauen Standort festzulegen und somit wirklichen sinnvollen Artenschutz zu betreiben. Es bringen keine 1.000 Mauerseglerkästen etwas, wenn dann nur 20 % angenommen werden, weil sich der Rest an ungeeigneten Stellen befindet. 

Zudem will der Vogelnachwuchs auch ernährt werden. Trotz zahlreicher Berichte über das Insektensterben werden immer noch zu häufig nicht heimische Pflanzen in den Siedlungen verwendet, welche für Insekten und Co. häufig gar keinen Nutzen haben. Viele Hausverwaltungen, Stadtplaner, Eigentümer, Gartenbaufirmen und Architekten scheinen oft nur wenige Kenntnisse über die Zusammenhänge in der Natur zu haben, was sich an der Gestaltung und Pflege und der Siedlungen zeigt. Ein Zahnarzt muss ja beispielsweise auch erstmal grundlegendes Wissen über den gesamten menschlichen Körper erwerben, bevor er Kronen verkaufen darf.

Aber auch öffentliche Parkanlagen nutzen ihr Potenzial oft nicht aus. So entstehen viele ziemlich „tote“ Grünflächen und Gärten, welche eher an das „Teletubbieland“ erinnern.

 

Die Miete steigt, die Lebensqualität sinkt!

 

Aber das ist noch ein anderes Thema. Für mehr Aufklärung und sinnvollere Nisthilfen setzt sich unser Projekt „Siedlungssänger“ ein.

 

Was wollen Vögel?

Süden und Westen meiden!

Es kommt auf die Ausrichtung der Nisthilfen an. Die Himmelsrichtungen sind entscheidend:

• Fassaden nach Süden heizen sich im Sommer extrem auf, das überlebt kaum ein Vogel!

• Fassaden nach Westen sind meist Wind und Wetter ausgesetzt und Niemand mag es, wenn es dauernd, teils feucht ins Quartier     zieht!

 

Optimaler Osten!

Der Osten in meist die wetterabgewandte Seite. Dort weht es nicht in die Nisthilfen hinein und die Vögel werden nicht mittags / nachmittags „gebraten“. Auch Fassaden nach Norden sind eine geeignete Stelle.

 

Freier Anflug für Mauersegler

Mauersegler verbringen fast ihr gesamtes Leben in der Luft. Es sind wahre Meisterflieger, welche jährlich teils über 20.000 km zwischen ihren Brutplätzen in Mitteleuropa und ihren Winterquartieren im südlichen Afrika zurücklegen.

Sie benötigen einen freien Anflug zu ihren Nistplätzen. Sie lassen sich „hinausfallen“ und fliegen ihre Nisthöhle auch von unten an.  Daher müssen Nisthilfen für Mauersegler immer hoch oben angebracht werden, am besten direkt unter der Traufe bzw. unter dem Dach und auch nach unten hin einen freien An- und Abflug gewähren.

Häufig versperren allerdings Bäume die Nisthilfen, sodass die Mauersegler diese gar nicht erreichen, auch wenn sie an einer sonst optimalen Stelle befinden.

Mauersegler mögen:

• Nisthilfen in 8 bis 20 m Höhe 

• Freien Anflug (keine Bäume, Balkone, Geländer) 

Mauersegler (Apus apus) bei der Beringung.
Mauersegler (Apus apus) bei der Beringung.

Versteckte Höhlen mit „Ausguck“ für den Spatz

Haussperlinge benötigen Sitzplätze auf oder neben ihrer Höhle, von der aus sie ihr Nest bewachen und bewerben können. Außerdem sichern sie bei jeder Fütterung ihrer Jungen erstmal von dort aus die Umgebung ab und fliegen erst dann weiter zum Nest, wenn kein Feind zu sehen ist. Zwar sind „Spatzen“ im Alltag oft recht zutraulich, doch bevorzugen sie oft etwas Abstand zwischen Nest und Mensch. Zum Verstecken und für den „sozialen Austausch“ sind dichte Hecken im direkten Umfeld wichtig.

 

Haussperlinge brauchen:

• Nisthilfen in 6 bis 10 m Höhe 

• Sitzplätze neben der Nisthilfe 

• Hecken im direkten Umfeld

• Ausreichend Abstand zu Terrassen, Balkonen, Fenstern, Spielplätzen

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